Schmerzen

In der Tiermedizin hat die Bekämpfung von Schmerzen einen verständlicherweise sehr hohen Stellenwert; Schmerzen und Leiden beim Tier schränken die Lebensqualität unserer vierbeinigen Gefährten ein und nicht zuletzt geben uns auch das Tierschutzgesetz und die Ethik die Verpflichtung auf, diesen Zustand zu vermeiden.
Doch was ist Schmerz, warum gibt es ihn eigentlich überhaupt? Die internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) definiert Schmerz folgendermaßen:
„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben werden kann“
Zunächst muß man wissen, daß Schmerzen ein Warnsystem des Körpers, also eine Alarmanlage darstellen. Ziel ist es, durch Schmerz ein sogenanntes Vermeidungsverhalten zu erreichen (Bsp.: Die heiße Herdplatte, die man nach einmalig schlechter Erfahrung nicht nochmals berührt). In diesem Fall spricht man dann vom „physiologischen Schmerz“, der eine Schutzfunktion hat. Doch wenn die schädliche Einwirkung anhält, der Schmerz chronisch wird, dann verliert er seine ursprüngliche Schutzfunktion und wird zum „pathologischen Schmerz“.
Solche dauerhaften oder immer wiederkehrenden Schmerzen schränken die Lebensqualität stark ein und sollten behandelt werden. Grundsätzlich sollte die Ursache, also die Grunderkrankung therapiert werden, aber dies ist in manchen Fällen nicht möglich bzw. es hat sich bereits durch eine Chronifizierung ein Schmerzgedächtnis gebildet.
Das Schmerzgedächtnis kann langfristig sogar deutlich stärkeren Schmerz hervorrufen, als der eigentliche Schmerzreiz. Es setzt sich so nun eine Spirale in Gang, die anfangs vielleicht nur eine geringgradige Ursache hatte, aber die Chronifizierung letztendlich den normalen Lebensalltag nicht mehr zulässt, auch bei bereits behobener Ursache.

Gerade im Bereich der Orthopädie gibt es dafür zahlreiche Beispiele. Da unsere Tiere sich verbal nicht äußern können, sind wir als Tierärzte neben unterschiedlichen diagnostischen Verfahren auch auf die Beobachtungen der Tierhalter angewiesen. Hier einige Beispiele für mögliche Schmerzhinweise beim Hund:
Der Hund zeigt ein bestimmtes Vermeidungsverhalten in seinem Alltag (Steigt z.B. keine Treppen mehr)
Er scheint für eigentlich routinierte Handlungen länger zu brauchen, so springt er nur nach mehrmaliger + Aufforderung ins Auto, scheint durch sein Zögern zu überlegen, wie er den Sprung / die Landung so wenig schmerzhaft wie möglich ausführen kann.
Das Schmatzen kann ebenfalls ein Zeichen einer Schmerzäußerung sein.
Er sitzt schräg und entlastet eine Seite der Hüfte in dieser Stellung, beim Hinsetzen dreht er sich erst mehrfachst um sich selbst.
Der Hund vermeidet im Liegen eine bestimmten Seite.
Er steht steif, der Rücken ist etwas nach oben gewölbt.
Unser Vierbeiner vermeidet beim Spaziergang eine bestimmte Gangart (Schritt, Trab und Galopp sind die drei Grundgandarten), er zeigt Passgang (Vorder- und Hintergliedmaßen der selben Seite werden gleichzeitig nach vorne geführt).
Verhaltensänderungen von „nicht mehr Spielen wollen“ bis hin zur Aggressivität können genauso Schmerzsymptome sein, wie ein Leistungsabfall im Hundesport. Grundsätzlich kann kein Hund im Sport oder Beruf (Dienst- und Jagdhunde) mit Schmerzen auch nur ansatzweise die Leistung erbringen, wie ein schmerzfreier, gesunder Hund.